Mittels der Altersbestimmung radioaktiver Isotope lässt sich das Alter der Erde auf etwa 4,6 Milliarden Jahre bestimmen. Da nach heutiger Kenntnis der Bildung von Planetensystemen mindestens gleichzeitig auch der jeweilige Zentralstern mitentsteht, muss unsere Sonne ebenfalls mindestens so alt sein. In Gesteinsschichten, die eine Milliarde Jahre alt sind, fand man Spuren damaliger Lebewesen. Sie lebten in einem Temperaturbereich ähnlich dem heutigen. Die Sonne hat also seit dieser Zeit eine weitgehend konstante Strahlung abgegeben. Die dabei abgegebene Strahlungsleistung lässt sich leicht abschätzen, denn man multipliziert die Sonnenleuchtkraft LSonne mit dem Alter der Sonne tSonne , also:
Die Frage drängt sich auf, wie eine so gewaltige Energiemenge in der Sonne erzeugt werden konnte. Hätte sie, wie noch im 19. Jahrhundert vermutet, aus Kohlenstoff bestanden, wäre ihre Lebensdauer bereits nach 10.000 Jahren zu Ende gewesen. Eine andere Möglichkeit wurde in Betracht gezogen, nämlich die bei der Kontraktion der Sonne freigesetzte Gravitationsenergie. Es ist interessant, diese Variante mal rechnerisch zu untersuchen. Nach Gondolatsch, Groschopf und Zimmermann, Astronomie I, Klett-Verlag Stuttgart, ist die Gesamtenergie Epot einer gasförmigen Kugel gleich
Zur Vereinfachung nimmt man eine homogene, das heißt eine Kugel mit konstanter Dichte ρ an. Integriert man nun Gleichung 2, so gelangt man über Gleichung 3 zum Ergebnis nach Gleichung 4.
Die Gesamtmasse m der Gaskugel errechnet sich aus der nachstehenden Gleichung 5:
Nach Einsetzen von Gleichung 6 in Gleichung 4 kommt man zu nachstehender Formel:
Durch Kürzen gelangt man schließlich zu Gleichung 8, in die dann zum Beispiel die Sonnenmasse m, ihr Radius R und der Wert für die Gravitationskonstante G eingegeben werden.
Der Vergleich zwischen Gleichung 1 und Gleichung 9 zeigt, dass die bisherige Lebensdauer unserer Sonne auch durch die Gravitationsenergie nicht ermöglicht wurde. Es kommt deshalb nur die Kernfusion als Energiequelle in Betracht. Dabei vereinigen sich vier Protonen zu einem Heliumkern. Dieser Vorgang wird als Wasserstoffbrennen bezeichnet. Der freiwerdende Massendefekt liefert entsprechend der Einsteinschen Masse-Energie-Äquivalenz eine gewaltige Energiefreisetzung. Im folgenden gehe ich detailliert auf die ablaufenden Prozesse ein. Bei Temperaturen von fünf Millionen Grad Kelvin im Kern der Sonne sind Wasserstoff, Helium und auch die schwereren Elemente vollständig dissoziiert, d.h., dass sie nur aus den Atomkernen bestehen, da sie ihre Elektronen vollständig abgegeben haben. Atome sind immer elektrisch neutral, weil ihre elektrisch positiven Atomkerne durch die negativ geladenen Elektronen in der Hülle ausgeglichen werden. Wenn also ein Wasserstoffatom im Sonnenkern sein einziges Elektron verloren hat, bleibt nur das positiv geladene Proton zurück. Nun ist aus dem Physikunterricht wahrscheinlich noch bekannt, dass sich gleich geladene Körper, in diesem Fall also Protonen, gegenseitig abstoßen. Rechnerisch bringt das die nachfolgende Gleichung 10 zum Ausdruck:
Mit welcher Kraft stoßen sich zwei Protonen ab, wenn sie sich auf den Minimalabstand nähern?
Durch Kürzen der Einheiten, Ausmultiplikation der Klammerausdrücke und Umformung der verbliebenen Einheiten gelangt man über Gleichung 12 zum Ergebnis in Gleichung 13
Die Abstoßungskraft kann auch unter einem energetischen Gesichtspunkt betrachtet werden. Dabei kommt man zu dem Ergebnis, dass zur Überwindung der Abstoßung eine Energie von mindestens 600 Kilo-elektronen-Volt(keV) nötig ist. Die kinetische Energie der Protonen im Sonnenkern ist jedoch nur einige keV hoch, wie die nachstehenden Rechnungen zeigen.
Dennoch vereinigen sich in jeder Sekunde eine kaum vorstellbare Menge an Protonen. Wie ist dies zu verstehen? Dividiert man die Sonnenmasse durch die Masse eines Protons, dann erhält man die Zahl der Protonen in der Sonne. Es sind etwa 1057 Protonen. Nun bewegen sie sich mit ganz unterschiedlichen Geschwindigkeiten, es gibt also langsamere als der Durchschnitt und auch schnellere. Rechnet man die Bewegungsenergie der schnellsten aus, so kommt man zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass auch sie nicht miteinander reagieren und deshalb verschmelzen können. Ein kurzer Exkurs in die Quantenmechanik zeigt die Lösung dieser Schwierigkeit auf. Im Physikunterricht lernt man die Doppelnatur des Lichtes kennen, das gleichzeitig als Welle oder Teilchen auftreten kann. Erstaunlicherweise trifft man diesen "Wellen-Teilchen-Dualismus" auch im subatomaren Bereich an. Deshalb ist es auch nicht möglich, gleichzeitig den genauen Ort und die Geschwindigkeit (Impuls) eines Teilchens, zum Beispiel eines Protons anzugeben. Je genauer man dessen Ort eingrenzen will, desto kürzer muss die Wellenlänge des untersuchenden Lichtstrahls sein. Mit kürzer werdender Wellenlänge erhöht sich jedoch die Energie des Lichtstrahls und damit verändert er den Impuls des Protons. Die nach seinem Entdecker benannte "Heisenbergsche Unschärferelation" besagt, daß die Ungenauigkeit des Ortes multipliziert mit der Unschärfe des Impulses (Masse x Geschwindigkeit) gleich ist der "Planckschen Konstante h". Wo die Wahrscheinlichkeit am größten ist, zum Beispiel ein Proton anzutreffen, hängt von der Höhe (Amplitude) seines Wellenberges ab. Zur Veranschaulichung dessen ein Beispiel, wenn es auch nicht der subatomaren Wirklichkeit entspricht: Wellen, die beim Hineinwerfen zweier Steine in einen See entstehen, überlagern sich an einigen Stellen und bilden einen Wellenberg, an anderen Stellen wiederum können sie sich vollständig auslöschen, es entsteht eine glatte Seeoberfläche. Doch zurück zu den Protonen. Das Proton kann sich überall auf seiner Welle aufhalten, wobei jedoch die Wahrscheinlichkeit, es anzutreffen, rasch mit wachsender Entfernung vom Wellenberg abnimmt. Bewegen sich zwei Protonen im heißen Sonnengas (Plasma) genügend nahe aufeinander zu, dann erhöhen sich die Abstoßungskräfte zwischen ihnen stark. Die folgende Abbildung kann diesen Sachverhalt verdeutlichen.
Bildquelle www.wikipedia.de Zwischen ihnen bildet sich der Coulombwall aus, dessen Begrenzung jedoch keine feste Wand ist. Da ein Proton plötzlich irgend woanders auf seiner Welle "auftauchen" kann, ist es auch möglich, dass dieses Auftauchen innerhalb des Kernradius des anderen Protons geschieht. Es ist durch den Wall hindurch diffundiert, so als ob es durch einen Tunnel von der Seite in den Kern gelangt sei. Dieser Vorgang wird als Tunneleffekt bezeichnet. Er tritt extrem selten ein, nur bei einem von 1022 Zusammenstößen kommt es zu einem "Hindurchtunneln". Bei der unvorstellbar hohen Zahl von 1057 Protonen in der Sonne geschieht dies dennoch genügend oft, um die Energieverluste durch Abstrahlung ausgleichen zu können. Was würde wohl geschehen, wenn die elektrischen Abstoßungskräfte zwischen den Protonen wesentlich geringer wären? Dann gäbe es kein Leben auf der Erde, denn die Sonne würde in einer gigantischen "Wasserstoffbombenexplosion" ihr Dasein beendet haben. Im Kern überwiegt die stärkste aller vier Naturkräfte, die starke Kernkraft, die elektrische Abstoßung beider Protonen und ermöglicht dadurch einen stabilen Zustand. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist, dass die Reichweite der starken Kernkraft äußerst gering und deshalb nur auf den Kernbereich beschränkt ist. Nach diesem Ausflug in die wenig anschauliche Quantenmechanik wende ich mich nun den Energie liefernden Vorgängen in der Sonne zu. Zunächst ist zu klären, was durch die Verschmelzung beider Protonen an Energie gewonnen wird und welche weiteren Reaktionen danach erfolgen:
Zunächst verschmelzen zwei Protonen zu einem Deuteriumion, dabei entstehen ein Positron e+ und ein Neutrino. Es dauert mehr als 10 Milliarden Jahre, bis ein Proton mit einem zweiten fusionieren kann. Wie schon erwähnt, gewährleistet die unvorstellbar hohe Anzahl der Protonen in der Sonne, dass es dennoch zu 1038 Fusionen in der Sekunde kommt. Das Neutrino ν mit der Ruhemasse Null ist elektrisch ungeladen und unterliegt keinen Wechselwirkungen mit anderen Partikeln. Es kann deshalb ungehindert die Sonne verlassen. Das Positron hat dieselben Eigenschaften wie das Elektron, seine Ladung ist jedoch positiv. Als Antimaterieteilchen reagiert es augenblicklich mit einem der zahlreichen Elektronen in der Umgebung. Sie vernichten sich gegenseitig, dabei werden zwei hochenergetische Gammaquanten freigesetzt.
Das Deuteriumion absorbiert in weniger als einer Sekunde ein weiteres Proton, dabei entsteht unter Abgabe eines Gammaquants ein Helium-drei-ion. Es enthält zwei Protonen und ein Neutron.
In einem letzten Schritt vereinigen sich zwei 3He-Kerne zu einem 4He-Kern, dabei entstehen wieder zwei Protonen, die erneut reagieren können. Diese Reaktion findet etwa nach einer Million Jahren statt. Zu beachten ist, dass zur Bildung von zwei 3He-Kernen die Vorgänge in den Gleichungen 17, 18 und 19 doppelt gerechnet werden müssen. Wie sieht nun die Energiebilanz aus:
Umgerechnet sind dies 4,2 . 10-12 J. In einem g Wasserstoff sind 1g/1,6726 .10-24 Protonen enthalten und da für eine p-p Reaktion vier Protonen "verbraucht" werden, können deshalb 1,49 . 1023 Reaktionen stattfinden. Multipliziert man diese Zahl mit 4,2 . 10-12 J, so erhält man 6.26 . 1011J. Dieser Wert entspricht etwa 174000 KWh. Zum Vergleich: 1 Gramm Wasserstoff setzt im Rahmen der p-p-Reaktion dieselbe Energiemenge frei wie annähernd 19320 kg Steinkohle. Zu einem größenordnungsmäßig ähnlichen Ergebnis gelangt man über die Masse - Energie - Äquivalenz. Albert Einstein formulierte das in seiner berühmten Gleichung:
Multipliziert mit der Zahl der Reaktionen pro kg Wasserstoff = 1,49 .1026 ergibt sich ein Energiebetrag von 156450 KWh. Die Differenz zwischen dem obigen Ergebnis und dem unteren entsteht durch Rundungs-Ungenauigkeiten.
Das Verschmelzen zweier Bei Temperaturen oberhalb von 20 Millionen Grad Kelvin überwiegt der C-N-O - Zyklus, der nach seinen Entdeckern auch "Bethe und von Weizsäcker"-Zyklus genannt wird. Die erste Bezeichnung rührt davon, dass auch die Elemente C (Kohlenstoff), N (Stickstoff) und O (Sauerstoff) entstehen bzw. hier eine Rolle als Katalysator spielen. C ist bereits in der Phase der Sternentstehung ein Bestandteil des interstellaren Gases. Von der Energieausbeutung her betrachtet liefert der CNO - Zyklus eine etwas geringere Ausbeute, auch hier verschmelzen vier Protonen nacheinander mit C, N und O zu einem Heliumkern, wobei C nach der Reaktionskette erneut als Katalysator zur Verfügung steht. Im einzelnen laufen folgende Schritte ab:
Es dauert im Mittel etwa 13 Millionen Jahre, bis ein Kohlenstoffkern mit einem Proton zu einem Stickstoff-Ion reagiert.
Dieses wandelt sich unter Aussendung eines Positrons und eines Neutrinos in ein Kohlenstoffisotop um. Die Reaktionsdauer beträgt sieben Minuten.
Bei der letzten Reaktion dauert es mehr als 2,5 Millionen Jahre, bis beide Partner reagieren.
Es dauert über 300 Millionen Jahre auf das Aufeinandertreffen beider Reaktionspartner.
In nur 82 Sekunden entsteht das 15N Isotop.
Es werden 25 MeV freigesetzt, also etwas geringer als bei der Proton - Proton - Reaktion. Die freiwerdenden Neutrinos verlassen ungehindert die Sonne und nehmen wegen der höheren Temperatur in Form ihrer dadurch höheren kinetischen Energie mehr Energie mit als die Neutrinos der Wasserstofffusion. Bei Temperaturen oberhalb von 108 Grad K beginnt das Heliumbrennen, das auch Salpeterprozess (benannt nach seinem Entdecker), oder auch als 3 - Alpha - Prozess bezeichnet wird. Dabei wandeln sich drei Heliumkerne in zwei Schritten in einen Kohlenstoffkern um, wobei Gammastrahlung frei wird. Im einzelnen passiert folgendes:
Für diesen Vorgang wird etwas Energie verbraucht, er verläuft also endotherm. Der entstandene Berylliumkern ist äußerst instabil und zerfällt bereits nach etwa 10-16 Sekunden wieder in die beiden Heliumkerne. Es ist deshalb einleuchtend, dass genau zu diesem Zeitpunkt ein Heliumkern den Berylliumkern treffen muss, um mit ihm zu Kohlenstoff fusionieren zu können. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei etwa 1 : 10 Milliarden. Voraussetzung, dass es überhaupt zu diesen Reaktionen kommen kann ist neben der hohen Temperatur eine hohe Dichte und eine genügend große Anzahl an Heliumkernen. Letztere sind jedoch durch die vorhergehenden Proton - Proton - Reaktionen in genügender Konzentration vorhanden. Der zweite Schritt dieses Prozesses sieht folgendermaßen aus:
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In einem weiteren Schritt können Kohlenstoffkerne jeweils mit einem Heliumkern zu Sauerstoff fusionieren, also:
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Auch hierbei wird Energie gewonnen, die allerdings wegen des prozentualen Anteils dieser Reaktion nicht nennenswert ist. Temperaturen von 100 Millionen Grad können sich nur in Sternen bilden, die mindestens ein Drittel der Sonnenmasse besitzen, haben sie weniger, so entwickeln sie sich nach dem Ende des Wasserstoffbrennens zu weißen Zwergen. Nun sind die Möglichkeiten, die einem Stern zur Energieerzeugung und damit zur Erhaltung des Gleichgewichtszustandes verbleiben, noch nicht erschöpft. Wenn gegen Ende des Heliumbrennens nicht mehr genügend Heliumkerne vorhanden sind, kontrahiert der Kern. Dadurch steigen bei einem Stern mit zum Beispiel vier Sonnenmassen seine Temperatur und Dichte solange an, bis 500 Millionen Grad K erreicht werden. Hier setzt das Kohlenstoffbrennen ein. Der dadurch verursachte Strahlungsdruck führt zum hydrostatischen Gleichgewicht und stabilisiert den Kern. Wegen des starken Temperaturanstiegs, der sich nach außen - wenn auch abgeschwächt - fortsetzt, fängt das außerhalb des Kerns vorhandene Helium wieder zu verschmelzen an (Schalenbrennen). Als Folge bläht sich der Stern zu einem "Roten Riesen" auf. Bei dieser Temperatur und diesem Druck können zwei Kohlenstoffkerne zu einem Magnesiumkern fusionieren, wobei Energie und ein Gammaquant frei werden:
Im Verlauf des Kohlenstoffbrennens können weitere Elemente synthetisiert werden: Na (Natrium), Ne (Neon) und O (Sauerstoff), wobei die letzte Reaktion leicht endotherm erfolgt. Sinkt die Konzentration an Kohlenstoffkernen, wiederholen sich ähnliche Vorgänge wie im vorhergehenden Abschnitt beschrieben: Der Kern kollabiert, Temperatur und Dichte steigen solange an, bis über eine Milliarden Grad K erreicht werden. Nun kann das Sauerstoffbrennen beginnen:
Im Verlauf des Sauerstoffbrennens werden die weiteren neuen Elemente P (Phosphor) und Si (Silizium) gebildet. Diese Reaktionen nehmen bei Sternen mit einer mindest achtfachen Sonnenmasse nur einen Zeitraum von wenigen Jahren ein. Ist die Menge an Sauerstoffkernen erschöpft, wiederholen sich die Vorgänge der Kontraktion und der Temperatur- und Dichtezunahme, bis eine Temperatur von etwa 3 Milliarden Grad K und eine Dichte von 3.1010 kg pro m3 erreicht sind. Bei diesen Bedingungen setzt das Siliziumbrennen ein:
Das entstehende Nickelisotop (Ni) ist instabil und wandelt sich unter Abgabe von einem Positron und einem Neutrino in ein Cobaltisotop (Co) um, das ebenfalls unter Positron- und Neutrinoabgabe in stabiles Eisen (Fe) übergeht. In den weiter außen liegenden "Schalen" laufen die Vorgänge des Sauerstoff-, Kohlenstoff,- Helium- und Wasserstoffbrennens parallel weiter. Die Dauer für diesen letzten Energiegewinnungsprozess ist stark von der Masse des Sternes abhängig: Bei einem Stern mit 10 Sonnenmassen dauert er zwei Monate, bei 15-facher Masse 14 Tage und bei 25-facher Masse nur mehr einen Tag. Schwerere Elemente können nicht mehr synthetisiert werden, da deren Aufbau endotherm verläuft. Letzte Bearbeitung: 05.12.2015 20:18 |